Es ist schon eine Weile her, dass ich eine Veranstaltung des World Usability Day besucht habe, es muss vor ca. 2 Jahren in Hamburg gewesen sein. Und so war es dieser Tage endlich mal wieder Zeit, dabei zu sein, dieses Mal in Mannheim.
Der Ort hätte passender nicht ausgesucht werden können: Das Technoseum ist ein modernes Museum, das sich nur vordergründig mit der Industrialisierung und den damit verbundenen Maschinen befasst. Imposante alte Maschinen, sogar eine riesige Dampfmaschine können bestaunt werden.
Es geht dort aber auch um die Folgen für den Menschen. Maschinen erleichtern unser Leben, aber verändern dabei auch die Arbeit. Geschichte zum Anfassen.
Vor dem Hintergrund dieser großartigen Kulisse nun also der World Usability Day und seine Protagonisten, die wie die Erfinder vergangener Jahrhunderte ebenfalls nach Vereinfachungen für den Menschen streben. Ein großes Angebot von Vorträgen und Workshops, die nicht nur die typischen Online-Probleme behandeln, sondern auch auf Produktdesign und sogar Projektmanagement eingehen, professionell organisiert von Mitarbeitern des Museums, der Agentur Kühlhaus, der Hochschule Mannheims sowie diverser Sponsoren.
Ich habe nicht alle Vorträge gesehen, ungefähr die Hälfte, mehr war kaum möglich. Der Clou in Mannheim war nämlich, neben den üblichen Ständen der Sponsoren auch Studenten auftreten zu lassen, die ihre Abschlussarbeiten vorgestellt haben. Und die haben mich echt umgehauen!
Es handelte sich dabei nicht um einfache Präsentationen aufgemalter Prototypen, sondern um reale. Der Kühlschrank, der seinen Inhalt kennt und auf einer Displaytür anzeigt? Steht hier und kann bedient werden. Bietet Kochrezepte für seinen Inhalt an und sollte etwas fehlen, sucht er die nächsten Märkte nach Angeboten ab.
OK, wir wissen, dass die Märkte noch nicht so transparent und alle Preise zugänglich sind, auch fehlen noch die RFID-Chips auf den Tomaten. Aber hier steht so ein Kühlschrank, von dem alle seit Jahren reden, und er ist nicht aus Pappe gebaut.
Ein weiteres Projekt nutzt die Tablet-Technologie, um CAD-Anwendungen einfacher zu machen. Hier werden nicht einfach nur die üblichen Menüs mit einem Stick bedient, nein, die Navigationsprinzipien werden gleich mit neu erfunden: Ecken abrunden? Einfach andeuten. Rückgängig machen? Einen Bogen nach oben links ziehen. Die Breite ändern? Eine Zahl hin malen. Für die Feinarbeit lassen sich kleine Kontextmenüs aufrufen. Frühere Skizzen lassen sich jederzeit einblenden.
Sehr imposant auch ein Multitouch-Tisch („Galaxy Table„), der die Navigation à la Kinect durch Gesten ermöglicht, ohne den Touchscreen anfassen zu müssen. Viel kann noch nicht bewegt werden, aber das Gerät zeigt, wo es in Zukunft lang geht. Und auch hier: Perfekt gebaut, seedlounge-ready.
Und das war längst noch nicht alles. Was auffällt: Es wurde überall großen Wert auf ein ansprechendes Äußeres gelegt. Die Navigation der genannten Beispiele ist kaum noch verbesserungsfähig, das Design nicht nur funktional, sondern auch noch chic. Ebenso die begleitenden QR-Codes, Webapps, Websites, Powerpoints, Videos.
Dagegen sahen die von mir besuchten Vorträge von Microsoft, exorbyte oder John Deere doch etwas alt aus. Zugegeben, ein Online-Shop ist halt nicht so sexy wie anfassbare Hardware und John Deere kann nun mal keinen Traktor mit ISOBUS mitbringen (immerhin gab es sie im Maßstab 1:32).
Der Geist der Erfinder der großen Maschinen des Technoseums aber war eindeutig mit den angehenden Ingenieuren der Hochschulen mit ihren imposanten Prototypen.
Wenn das so bleibt, freue ich mich schon auf den nächsten Usability Day in Mannheim.